Ab in
den Süden
Die Dolomiten stehen sicherlich auf der Wunschliste der meisten begeisterten Radfahrerinnen und Radfahrer. Die einzigartige Rundfahrt um das Sellamasiv ist die wohl schönste Bergetappe des Giro d’Italia. Sie ist in Zeiten von Fahrern wie Fausto Coppi, wo man noch auf Kiesstrassen fuhr, legendär geworden. Kein Wunder hatte auch unser Freund Simon diesen Klassiker auf seiner Agenda. Aber, so erzählt er uns, wenn schon Dolomiten, warum dann nicht gleich eine Alpenüberquerung von Nord nach Süd, von der Schweiz nach Slowenien? Gesagt, getan!
Nachdem sich Simon eine Route von Zürich nach Ljubljana zurechtgelegt hatte, die möglichst viele Pässe überquert, machte er sich auf Richtung Süden. Zuerst noch von einem Freund begleitet, erklomm er nach der Fahrt entlang des Walensees und durch das Rheintal kurz vor Davos mit dem Wolfgangpass (1631 m. ü. M.) den ersten Pass seiner Tour. Anschliessend erklomm er mit der Flüela (2383 m. ü. M.) den ersten grossen Alpenpass, der ihn vom Landwassertal ins Unterengadin führte. Der erste Tag seiner Tour war mit 9 Stunden sehr lang und mit der Zeit hat Simon die Etappen gekürzt, um auch noch ein wenig Zeit nicht auf dem Sattel zu geniessen.
Vom Unterengadin ging es hinab auf den langgezogenen Ofenpass (2149 m. ü. M) durch den Schweizer Nationalpark, dessen eindrückliche Landschaft Simon auf die Südalpen einstimmte. Dort spürte er die starken Sonnenstrahlen, die vom Frühling an die Täler wärmen und einen reichhaltigen Obst- und Weinbau ermöglichen. Unterwegs durch die fruchtbaren Täler des Südtirols zeugen schmucke Dörfer, zahlreiche Burgen, Schlösser und Klöster von der reichen Geschichte dieser Gegend sowie ihrem Wohlstand. Das Kaiserreich Österreich hatte das Südtirol im ersten Weltkrieg verspielt, und vieles erinnert noch daran, dass die Gegend erst seit etwas über hundert Jahren zu Italien zählt.
Von Meran aus führte seine Tour nicht auf dem bequemen Weg südlich das breite Etschtal hinunter nach Bozen. Vielmehr wendete Simon sein Velo nördlich und fuhr das das Passeiertal hinauf, um über zahlreiche Kurven den Jaufenpass (2094 m. ü. M) zu bezwingen und hinunter zum stolzen Städtlein Sterzing (Vipiento) im Wipptal zu fahren. Der vierte Tag seiner Tour führte ihn dann endlich zu den bekanntesten Gipfeln der Dolomiten, dem Sellamassiv. Die hellen Kalkstein-Bergstöcke der Berggruppe ragen wie Zähne unvermittelt aus grünen Wiesen und Tannenwälder in die Höhe und prägen das eindrückliche Bild der Gegend. Um dieses Massiv führt die legendäre «Sellaronda», eine rund 55 Kilometer lange Rundfahrt über vier Pässe, das Pordoijoch (2239 m. ü. M), der Campolongopass (1875 m. ü. M), das Grödner Joch (2125 m. ü. M.) sowie das Sellajoch (2218 m. ü. M.), wobei Simon den Pordoi zweimal erklomm, um seine Reise Richtung Slowenien fortsetzen zu können. Das Wetter wollte es gut mit Simon auf dieser Etappe und er konnte die eindrückliche Landschaft voll geniessen.
Ljubliana besitzt ein einzigartiges Flair - mit ihren Bauten mutet die Stadt stark österreichisch an, aber man atmet mediterranen Lebensstil.
Nicht weniger herausfordernd war die Tour der nächsten Tage, auch wenn sich mit den Tagen die südlichen Kalkalpen der Karawanken langsam in der slowenischen Karstlandschaft mit eindrücklichen Flusstälern, Hügel- und Seenlandschaften verliefen. Zuerst galt es noch den Monte Zoncolan (1750 m. ü. M.) zu erklimmen. Der Westaufstieg zum Zoncolan gilt als einer der steilsten und schwierigsten Anstiege des Radsports in Europa. Auf 10.5 Kilometer gilt es 1210 Höhenmeter zu bewältigen, wobei Spitzensteigungen von bis zu 22% erreicht werden. Nicht umsonst zählt dieser Aufstieg zu einer der legendärsten Etappen des Giro.
Nach all diesen Entbehrungen und vielen weiteren Pässen genoss Simon dann die gemütliche Abfahrt durch waldige Flusstäler Richtung Slowenien. Unterwegs entdeckte er einen Radweg auf einer alten Bahnstrecke über alte Brücken und durch Tunnels. Das Wasser der Flüsse glänzte von den Mineralien der Kalkgebirge türkisfarben in der Sonne, durch die Wälder wehten wärmere Lüfte, man spürte das Mittelmeer immer näher kommen, auch wenn das Wetter nicht immer auf Sommer machen wollte. In Ljubljana angekommen, genoss Simon das einzigartige Flair dieser Stadt, die mit ihren Bauten stark österreichisch anmutet, aber mediterranen Lebensstil atmet.
Die einwöchige Fahrt hat, erzählt uns Simon, viel Spass gemacht. Ab dem zweiten Tag allein unterwegs, konnte er machen, wozu er gerade Lust hatte, musste sich nie absprechen und konnte die Fahrt und die Landschaft in vollen Zügen geniessen. Obwohl es ab und zu stark regnete und die Temperaturen eher frisch waren, hat ihm die einsame Fahrt in den eindrücklichen Landschaften sehr gut gefallen. Eine einzigartige Tour, die er allen nur empfehlen kann.